Journalismus
Kemi Badenoch: Die Frau, die den Konservativen neuen Schwung verleihen soll
2024-11-02
Kemi Badenoch, eine 44-jährige Politikerin und ehemalige Ministerin, wurde von den Mitgliedern der Konservativen Partei in Großbritannien zur neuen Parteichefin gewählt. Sie soll die Tories nach der Niederlage bei den Parlamentswahlen im Juli mit einem harten Rechtskurs zurück an die Macht führen.
Eine Ära des Wandels und der Kontroversen
Turbulente Zeiten für die Konservativen
Seit dem Brexit-Referendum sind die Konservativen in Großbritannien nicht zur Ruhe gekommen. Innerhalb weniger Jahre scheiterten fünf verschiedene Premierminister, auch weil sie die Folgen des EU-Austritts nicht in den Griff bekamen und schließlich wie Boris Johnson an verschiedenen Skandalen zerbrachen. Aktuell stellen die Tories nur noch 121 der 650 Abgeordneten im Londoner Unterhaus. Der Vertrauensverlust bei den Wählern ist immens. Badenoch muss nun für Stabilität und Geschlossenheit sorgen.Eine Frau der klaren Worte
Badenoch gilt als Frau der klaren Worte, ohne Rücksicht auf Person und Amt. Wie auch ihr unterlegener Kontrahent, der frühere Migrations-Staatssekretär Robert Jenrick, wird sie als Vertreterin des rechten Parteiflügels gesehen. Insgesamt waren sechs Bewerber für den Parteivorsitz angetreten, wobei moderate Kandidaten wie der ehemalige Innenminister James Cleverly bereits in den Fraktionsabstimmungen ausschieden, bevor die Mitglieder das letzte Wort hatten.Ein Symbol des Wandels
In London geboren, aber in Nigeria, dem Heimatland ihrer Eltern, aufgewachsen, galt Badenoch schon vor der Abstimmung als Liebling der Parteibasis. Die studierte Computerwissenschaftlerin hat im parteiinternen Wahlkampf nur wenig Details zu ihren politischen Vorhaben verraten. Bereits 2017 stellte sie klar: "In jeder Hinsicht bin ich eine Immigrantin der ersten Generation." Nun ist sie die erste Person an der Spitze der Konservativen, die selbst eingewandert ist.Vergleiche mit Margaret Thatcher
Beobachter sehen in Badenoch ein Symbol des Wandels der Partei. Auch der Premierminister Keir Starmer gratulierte ihr am Samstag. "Die erste schwarze Vorsitzende einer Partei in Westminster ist ein stolzer Moment für unser Land", schrieb er auf der Plattform X. Badenoch selbst bezeichnete ihren Aufstieg in der Politik als den "britischen Traum".Der Politologe Mark Garnett von der Universität Lancaster sieht Badenchs Stil mit dem der ehemaligen Premierministerin Margaret Thatcher vergleichbar, die von vielen Tory-Mitgliedern noch immer verehrt werde. Auch Badenoch selbst sagt, dass Thatcher schon in ihrer Kindheit ein Vorbild gewesen sei.Rechtskurs und Risiken für die Zukunft
Badenoch gibt sich seit Langem als "Anti-Woke-Kulturkriegerin", die mit Äußerungen gegen das angeblich linksliberale Establishment auffällt. Die Mutter dreier Kinder äußerte sich unter anderem kritisch über Genderfragen und plädierte gegen eine Anhebung des Mutterschaftsgelds.Garnett sieht mit dem scharfen Rechtskurs die Zukunft der Tories als Volkspartei infrage gestellt. Die Wahl im Juli, bei der die sozialdemokratische Labour-Partei die Konservativen nach 14 Jahren an der Regierung ablöste, habe gezeigt, dass die meisten Wähler immer noch der politischen Mitte nahestünden.Die unmittelbare Herausforderung für die Konservativen bestehe zwar darin, Wähler von der rechtspopulistischen Partei Reform UK zurückzugewinnen. Parteichef Nigel Farage, der einst den Brexit maßgeblich vorangetrieben hatte, jagte den Konservativen bei der Wahl einige Stimmen ab. Aber: "Eine Annäherung an Reform UK birgt das Risiko, Unterstützung aus dem Mitte-Rechts-Spektrum zu verlieren und unbeabsichtigt die Anziehungskraft des populistischeren Farage zu erhöhen", sagte Garnett.